was machen depressionen eigentlich?

los ging es bei mir mit grübeln, glaube ich. ich habe schon immer alles, ja, zerdacht. von allen seiten beleuchtet, versucht alle möglichkeiten zu sehen, alle auswirkungen einer entscheidung usw. usf.... so richtig alles kaputtgedacht. natürlich steht man sich dabei die ganze zeit selbst im weg. früher habe ich das wohl unbewusst gemacht und das war irgendwie auch schon immer da. 

dann kam stress dazu, viel stress. das wurde dann irgendwann so viel, dass ich einen burnout hatte. meinen ersten burnout. es ist so, dass die ärzte und auch die psychologin dann später meinten, dass in meinem gehirn physisch etwas kaputt wäre, wodurch verschiedene hormone nicht mehr ausreichend produziert würden. das ist also richtig etwas kaputt. das kann man mit medizin beheben, wobei beheben das falsche wort ist. das würde ja heißen, dass es wieder wird wie vorher. dem ist aber nicht so. seit dem ausbruch der krankheit ist alles anders. 

das wirft auch ein paar philosophische fragen auf: wer bin ich überhaupt? bin ich jetzt ich? war ich vorher ich? und welches ich ist das "richtige", das reale ich? dazu vielleicht später mehr.

der mangel an hormonen führt dazu, dass du dich schlecht fühlst. du bist in konstantem selbstzweifel und dein kopf sagt dir ständig, dass du nichts kannst und nichts wert bist. das stimmt natürlich nicht und trotzdem schaffst du es nicht, dagegen anzukommen und so sinkt dein selbstwertgefühl ins bodenlose und du leidest. zu dieser spirale kommt noch, dass die depression deine freude, vorfreude, leidenschaft, deinen spaß zerstört. dir macht nichts mehr spaß und du hast an nichts mehr freude und kannst dich einfach auch auf nichts mehr freuen. außerdem zerstört die depression deine motivation für eigentlich alles. motivation zu leben. das zerstört sie systematisch, indem dein kopf dir einredet, dass einfach alles egal ist. es ist egal, ob du dir die zähne putzt, den müll rausbringst, ob du hunger hast oder satt bist, deine rechnungen bezahlst, deine wäsche wäschst, dein geschirr wegräumst, ob geld auf deinem konto ist, du deine bude sauber hälst, etwas isst... es spielt einfach nichts mehr eine rolle. die depression nimmt dir alle prioritäten. es spielt einfach nichts mehr eine rolle. es ist egal, ob du lebst oder stirbst.

sie nimmt auch den sinn aus deinem leben. plötzlich fängst du an alles in frage zu stellen, weil nichts mehr sinn ergibt. du fragst dich warum du überhaupt noch irgendetwas tust, weil ja nichts mehr sinn ergibt und alles egal ist. das geht bis hin zu der frage warum du eigentlich lebst.

dazu kommt noch, dass das auch körperliche auswirkungen hat. in meiner schlimmsten phase z. b. konnte ich mich keine fünf minuten konzentrieren. es ging einfach nicht, die kraft war nicht da und trotzdem rast der kopf. man ist immer voll da, geistig klar. ein gedanke nach dem anderen oder alle auf einmal. du kommst trotzdem zu keinem ergebnis, egal was du gerade zerdenkst.

manchmal tut dir einfach alles weh, weil du acht wochen am stück im bett gelegen hast und nicht duschen warst. das spielt aber keine rolle. es ist einfach so. 

was depression auch macht, ist eine lähmung im kopf. es ist, als ob man gelähmt ist vom leben und gleichzeitig zum leben. dein antrieb ist zerstört, deine motivation ist zerstört, es ist einfach alles egal und die kraft irgendetwas zu tun ist auch weg. es gibt leute, die das dann als faul abtun. das ist ganz und gar nicht so. man hat einfach nicht die kraft, die motivation, den antrieb und die nerven irgendetwas zu tun. das hat mit faul genau gar nichts zu tun. der wille ist da und dennoch geht es nicht. 

deine stimmung ist immer gleich, konstant schlecht. diese spirale geht immer weiter nach unten. du ziehst dich zurück und gehst nirgends mehr hin. du meidest alles und jeden. dein körper wehrt sich dagegen, kommt aber nicht dagegen an. irgendwann geht es dir so schlecht, dass du an suizid denkst, weil dir sonst nichts mehr einfällt was noch helfen könnte. du hast alkohol probiert, du hast tabletten probiert. das hilft alles nicht so richtig. du kannst nichts tun, weil du nicht mal die kraft hast aus deinem bett aufzustehen, geschweige denn irgendetwas zu unternehmen. plötzlich stehst du in der küche und weißt nicht mehr wie du dir ein brot schmierst. es geht einfach nicht. es ist weg. 

suizid wird immer interessanter. du denkst über das wo und wie nach. welcher tag und wieviel uhr es ist weißt du eh schon lange nicht mehr. der tod wird immer interessanter. die ewige ruhe. endlich ruhe. endlich das leid beenden.

ich selbst war zweimal suizidal. bei mir springt dann so ein überlebensinstinkt an, weil ich weiß, dass ich leben will. mir ist auch nicht bekannt, dass es eine heilung für depressionen gäbe. es gibt nur zwei möglichkeiten: du versuchst dich damit zu arrangieren und irgendwie durchs leben zu navigieren, bis es zu ende ist oder du bringst dich um. 

dabei ist es auch völlig egal, ob du arm oder reich bist, bekannt oder unbekannt, völlig egal. das kann man auch schön an den ganzen prominenten beobachten, die sich das leben nehmen. die haben vermeintlich alles was sie wollen. sie haben geld, ansehen, können sich mit sehr hoher wahrscheinlichkeit die beste medizinische versorgung leisten, bekommen die medikamente, die sie brauchen und haben familien, die sich um sie kümmern und eine vermutlich sehr gute medizinische betreuung. 

und trotzdem bringen sie sich um. warum? weil sie depressiv sind und für irgendein leid keine andere möglichkeit mehr sehen, vermutlich alles ausprobiert haben. sie sind vermutlich auch zu dem schluss gekommen, dass ihnen niemand mehr helfen kann. ihr lebenswille war einfach weg.